09. Juli 2010 · Kommentare deaktiviert für 20 Jahre KJHG – aktuelle Entwicklungen im Pflegekinderwesen · Kategorien: Aktuelle Entwicklungen, Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII), Pflegekinder

20 Jahre KJHG – dieses Jubiläum soll uns ein Anlass sein, kurz einige aktuelle Entwicklungen darstellen, die das Pflegekinderwesen betrifft. Grundlage für diese kurze Darstellung ist ein Seminar, das die Stiftung zum Wohl des Pflegekindes in Frankfurt am Main am 08.05.2010 veranstaltet hat.

Zunächst ein paar Zahlen, die Prof. Ludwig Salgo präsentiert hat:
Eine erste wichtige Feststellung besteht darin, dass es mehr Pflegekinder geben wird, was Zahlen über die Anzahl über die Anzeigen der Jugendämter und der entsprechenden gerichtliche Maßnahmen nach § 1666 BGB, Maßnahmen der Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII, gerichtliche Maßnahmen zum vollständigen oder teilweisen Entug der elterlichen Sorge in den Jahren 2007 und 2008 belegen. Das Projekt “Pflegekinder-Hilfe” des Deutschen Jugendinstituts hat für den Zeitraum 2005-2008 ermittelt, dass die mittlere Dauer der Pflegeverhältnisse während des Erhebungszeitraums bei 5 Jahren und 4 Monaten liegt. Die hierbei untersuchten Pflegeverhältnisse waren in der Mehrzahl auf Dauer angelegt, nur 11 Prozent waren befristet, die Zahl der geplanten Rückführungen ist dabei mit einer Quote von 6,5 Prozent zwangsläufig niedrig. Bemerkenswert ist sicher auch der Umstand, dass 34 Prozent der Pflegekinder bereits in der zweiten Fremdplatzierung leben. Bedenklich stimmen muss auch der grosse Unterschied, der in der Quote der vorrausgegangenen Sorgerechtsentzüge zwischen den alten und den neuen Bundesländern besteht: 34 Prozent im Westen stehen 48 Prozent im Osten gegenüber. Was die Umgangskontakte betrifft, so waren diese in 81 Prozent der Fälle mit der Herkunftsfamilie geplant, in der Realität hatten 58 Prozent der Pflegekinder Kontakt mit der Mutter und 56 Prozent zum Vater.

Ein zweiter, sicher nicht unwichtiger Aspekt, ist die Haltung, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gegenüber dier Wiedervereinigung mit der Herkunftsfamilie einnimmt und die durchaus einigen Schwankungen unterliegt, hier einge Eckpunkte aus dem Referat von Dr. Gülsen Schorn: Insgesamt ist die Rechtsprechung eher als ambivalent und widersprüchlich zu bezeichnen. In der Sache Elisabetha vertrat der Gerichtshof die Auffassung, dass im Lauf der Zeit Bindungen entstehen können, die im Interesse der Pflegeeltern und des Pflegekindes nicht mehr abgebrochen werden sollten, während in der Sache Ericson wiederum eine elternorientierte Haltung eingenommen wurde. Von dieser hat er sich später wieder distanziert, im Zeitraum seit dem Jahr 2000 kann grundsätzlich wieder von einer elternorientierten Haltung gesprochen werden, gleichzeitig waren aber die meisten Individualbeschwerden der Eltern auf Herausgabe nicht erfolgreich.

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