Im Zusammenhang mit Substanzmittelmissbrauchenden Elternteilen und Umgangsverfahren, gibt es immer wieder Probleme. Unter Umständen kann ein begleiteter Umgang notwendig sein, wenn festgestellt wird, dass nur dadurch Gefahren für ein Kind abgewendet werden können. Dieser begleitete Umgang soll in der Regel nur für einen befristeten Zeitraum gelten, um später einen unbegleiteten Umgang zu ermöglichen. Es stellt eine Leistung des Jugendamtes dar, die von den sorgeberechtigten Eltern dort beantragt werden muss. Das Jugendamt entscheidet selbständig über die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme, ist aber am Familiengerichtlichen Verfahren beteiligt. Die Abhängigkeit und seine Folgen müssen das Kind und seine Entwicklung betreffen und für sich allein schon für spätere Besuche eine Gefährdung darstellen. Die Gefahr einer Suchtproblematik muss konkret vorliegen. Ist diese nur selbst eingestanden und liegt keine Gefährdung für das Kind vor, etwa weil der Konsum nie in Gegenwart des Kindes oder dessen Wirkungen auf den Umgang keinen Einfluss haben, kann dieser Umgang auch nicht eingeschränkt werden. Umgang erfüllt nicht den Zweck, dem betroffenen Elternteil über seine Sucht hinwegzuhelfen. Das Wohl des Kindes steht stets im Vordergrund. Es kommt immer auf den Grad der Gefährdung des Kindes an.
Wenn die sorgeberechtigten Eltern eines Pflegekindes von diesen die Herausgabe verlangen, so stellt sich die Frage, ob eine Kindeswohlgefährdung auch durch eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB als ein milderes Mittel gegenüber Maßnahmen nach § 1666 BGB wie etwa dem (teilweisen) Sorgerechtsentzug abgewendet werden kann.
Diese Frage hatte der Bundesgerichtshof zu entscheiden.
Zum Sachverhalt
Es ging um ein im November 2007 geborenes Mädchen. Bereits vor der Geburt fiel die Mutter durch „bizarres und aggressives Verhalten auf“, sie wurde im Jahr 2007 insgesamt zehnmal in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen. Bei der Mutter wurde eine polymorphe psychotische Episode mit Symptomen einer Schizophrenie diagnostiziert, daraufhin wurde eine Betreuung eingerichtet. Der Zustand der Mutter hielt auch nach der Geburt an, sodass das Kind vom Jugendamt in Obhut genommen wurde und zuerst in eine Bereitschaftspflegefamilie, später dann in einer Vollzeitpflegestellte untergebracht wurde.
Seit August 2008 waren die Eltern des Kindes wieder ein Paar, lebten jedoch nicht zusammen. 2010 kam ein Bruder des Mädchens zur Welt und lebt seitdem bei der Mutter.
Das Jugendamt leitete im August 2009 das vorlliegende Verfahren ein und holte ein psychiatrisches Gutachten zur Frage der Erziehungsfähigkeit ein. Dabei wurde festgestellt, dass die Mutter an Schizophrenie erkrankt sei, und dass deshalb eine Kindeswohlgefährdung bis hin zur Lebensgefährdung vorliege, wenn die Mutter die elterliche Sorge ausübe. Die Prognose sei jedoch positiv, sofern keine Krankheitsschübe mehr auftreten.
Das Amtsgericht hat daraufhin der Mutter Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge und das Antragsrecht auf Leistungen der Jugendhilfe entzogen und dem Jugendamt als Pfleger übertragen, Die Beschwerde beider Eltern beim Oberlandesgericht dagegen blieb erfolglos. Zwar sei die Mutter ausreichend erziehungsfähig, jedoch würde die von den Eltern geplante Rückführung eine Kindeswohlgefährdung entsprechend § 1666 BGB darstellen. Es bestehe ein Risiko, dass angesichts des Alters des Mädchens und des langen Zeitraums, den sie bei ihren Pflegeeltern verbracht hatte ein hohes Risiko für die Entwicklung einer psychischen Störung bestehe, das auch bei einem „optimalen Rückführungsszenario“ nicht ausgeschlossen sei. Die Gefährdung bestehe darin, dass, mangels entsprechender Befähigung der Eltern, eine Rückführung des Kindes ohne Schädigung nicht möglich sei. Andererseits hätten sich die Pflegeeltern emotional auf das Kind eingestellt, sodass es ihnen schwerfalle, das Kind zu den Eltern zurückzulassen. Immerhin wurde ihnen zugesagt, es handle sich um eine Dauerpflegestelle.
Eine Verbleibensanordnung als milderes Mittel lehnte das OLG als unzureichend ab.
Die Entscheidung des BGH
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des OLG auf die zugelassene Rechtsbeschwerde hin aufgehoben und zurück überwiesen. Die Voraussetzungen des § 1666 BGB lägen nicht vor. Solche Maßnahmen dürften nur ergriffen werden, wenn die Kindeswohlgefährdung nicht durch mildere Mittel abgewendet werden könne.
Wenn die Eltern eines Kindes, das in einer Pflegefamilie lebt, die Rückführung beantragen, müsse der Erlass einer Verbleibensanordnung nach § 1632 Ab. 4 BGB als milderes Mittel geprüft werden. Die allgemeine Erwägung, dass die Herausnahme ein Zukunftsrisiko für das Kind darstelle dürfe nicht dazu führen, dass eine Rückführung immer dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind seine „sozialen Eltern“ gefunden habe.
Es fehlten Ausführungen des OLG, warum der Gefährdung, die dem Kind durch die beabsichtigte Rückführung drohte nicht durch eine Verbleibensanordnung als milderes Mittel begegnet werden konnte. Die Einschätzung, dass mangels Erarbeitung eines Rückführungsszenarios eine solche auf absehbare Zeit nicht in betracht komme rechtfertige keinen teilweise Sorgerechtsentzug, da eine Verbleibensanordnung hier ebenfalls geeignet sei. Zudem lasse § 1632 Abs 4 BGB auch Anordnungen zu, deren Endpunkt noch nicht absehbar sei.
Nach dem Bundesgerichtshof hat das Oberlandesgericht auch den verfassungsrechtlichen Auftrag, auch bei einer Dauerpflegestelle eine Rückführungsperspektive offenzuhalten nicht genug berücksichtigt. Gerade bei unverschuldetem Elternversagen müsse verstärkt nach Möglichkeiten gesucht werden, um eine behutsame Rückführung zu erreichen. Hierbei habe die Gutachterin den Weg der Einbindung von Eltern und Pflegeeltern in eine Beratung und eine intensive und hochfrequente familientherapeutische Begleitung aufgezeigt.
BGH · Beschluss vom 22. Januar 2014 · Az. XII ZB 68/11,
siehe dazu auch die Besprechung von Gottschalk in ZKJ 2014, S. 234
Das OLG Brandenburg hatte in einer aktuellen Entscheidung über die Beschwerde eines Kindesvaters gegen den Beschluss der Vorinstanz zu entscheiden, nach dem der Umgang mit seiner Tochter auf Antrag der Mutter ausgeschlossen wurde, da die vorherige Umgangsregelung, die dazu diente, eine Bindung zwischen Kind und Kindesvater aufzubauen, nicht das gewünschte Ergebnis hatte, die ablehnende Haltung der inzwischen 13-jährigen Tochter gegenüber dem Kindesvater zu ändern, sondern sich diese ablehnende Haltung eher noch verfestigt hat.
Im letzten Jahr hat die Bundesrepublik Deutschland ihren Vorbehalt gegen die direkte innerstaatliche Anwendbarkeit der UNO-Kinderechtskonvention zurückgenommen, nachdem der Bundesrat seinen langjährigen Widerstand aufgegeben hatte (vgl. den entsprechenden Artikel auf dieser Seite). Am 17.06.2011 nahm der UNO-Menschrechtsausschuss den Entwurf eines Zusatzprotokolls an, der die Einrichtung von Individualbeschwerdeverfahren für Kinder vorsieht. Diese Entwicklung soll Anlass für einen kurzen Überblick über die Entwicklung der internationalen Kinderechte sein, vor deren Hintergrund nicht zuletzt auch das geltende deutsche Recht gesehen werden muss.