Ab dem 01.08.2013 tritt eine lange diskutierte Regelung in Kraft, dank derer Eltern ein- bis dreijähriger Kinder nun endlich einen Rechtsanspruch auf einen Kindertagesbetreuungsplatz haben. Nach der aktuell noch geltenden Regelung des § 24 III SGB VIII besteht zwar eine objektive Rechtsplicht, eine entsprechende Anzahl von Kinderbetreuungsplätzen bereitzustellen, die zukünftige Fassung des § 24 II SGB VIII gewährt jedoch einen subjektiven und damit einklagbaren Anspruch – und zwar auf eine “frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege”
Das erste Problem, dass sich bei der Handhabung in der Praxis sicher stellen wird, ist die Frage, ob der subjektive Anspruch auch die Wahl über die konkrete Form der Kinderbetreuung beinhaltet oder ob es nicht vielmehr die Entscheidung der öffentlichen Jugendhife ist, ob je nach den zur Verfügung stehenden Angeboten nun ein Kita-Platz oder eine Tagespflegeperson vermittelt wird. Thomas Meysen vom DJI bspw. kommt im Ergebnis wohl eher zu letzterem Ergebnis. So besteht das in § 5 SGB VIII gewährte “Wunsch- und Wahlrecht” nicht zwischen verschiedenen Leistungsarten, sondern innerhalb derselben Leistungsart. Darüber hinaus kann es auch nur in Bezug auf bereits bestehende Angebote geltend gemacht werden. Gibt keine ausreichenden Plätze in einer Kita, kann es nur noch einen Rechtsanspruch auf Kindertagespflege geben. Es muss jedoch nicht ausgeschlossen sein, dass das Verwaltungsgericht die jeweilige Kommune dazu verplichtet, einen Kita-Platz in einer gerichtlich angeordneten Frist zu schaffen oder dass die öffentliche Jugendhilfe dazu verpflichtet wird, bei den Trägern der Kita darauf hinzuwirken, ggfs. die Gruppengröße zu erhöhen und eine erforderlich Ausnahmegenehmigung einzuholen (vgl. Meysen, DJI Impulse, 2/2012, S. 13). Wie die Verwaltungsgerichte den zukünftigen § 24 SGB VIII hinsichtlich des Wunsch- und Wahlrechts auslegen werden, bleibt abzuwarten.
Auslegungsbedarf wird es wahrscheinlich auch in Bezug auf den zeitlichen Umfang der Kinderbetreuung geben, die sich nach dem individuellen Bedarf richtet. Der individuelle Bedarf lässt objektiv nur bedingt feststellen. Ob es nun die Möglichkeit ist, einer Berufstätigkeit oder anderen familiären Verpflichtungen nachzugehen, hier wird sich dann in der gerichtlichen Praxis herauskristallisieren, wie genau der indivduelle Bedarf zu defninieren ist.
Ein weiteres Problemfeld ist der Rechtsanspruch auf den Ersatz finanzieller Aufwendungen, wenn Erziehungsberechtigte gezwungen sind, sich selbst eine Tagesbetreuung zu suchen. Hier kann man möglicherweise mit dem bereits zitierten Thomas Meysen vom DJI gehen: Aus der Norm des § 36 III SGB VIII lässt sich keine unmittelbare Anspruchslage herleiten, jedoch ein richterrechtlich entwickeltes Haftungsinstitut entnehmen. Die Anspruchsvoraussetzungen wären dementsprechend, dass der Wunsch zur Inanspruchnahme frühkindlicher Frühförderung rechtzeitig dem Jugendamt gemeldet wurde, das Kind zwischen ein und drei Jahre alt ist, der beanspruchte Umfang auch dem individuellem Bedarf entspricht und die Erfüllung des Rechtsanspruchs keinen Aufschub duldet. In analoger Anwendung der §§ 670, 683 1 BGB werden die Aufwendungen zu ersetzen sein, die den Erziehungsberechtigten erspart geblieben wären, wenn die Kommune ihnen rechtzeitig einen Platz zur Verfügung gestellt hätte, es besteht also ein Anspruch auf der Ersatz der vollen Kosten, die durch die selbst beschaffte Betreuung enstanden sind. Der Mehrkostenbehalt besteht also nicht, es müssen die tatsächlich enstandenen Kosten ersetzt werden. Die einzige Grenze bildet hier der § 90 SGB VIII bildet hier insoweit die einzige Grenze, als dass der Betrag abzuziehen ist, den die Erziehungsberechtigten hätten sparen können, wenn ihnen vom Träger der öffentliche Jugendhilfe einen Platz in der Kindertagesbetreuung zur bereitgestellt hätte (vgl. Meysen, a.a.O., S. 14). Darüber hinaus gibt es bereits in wegweisendes Urteil des VG Mainz: Die beklagte Stadt konnte der Mutter für den Zeitraum von 6 Monaten keinen Kindergartenplatz zur Verfügung stellen, so dass das Kind in einer privaten Betreuungseinrichtung untergebracht werden musste. Das Gericht wandte hier interessanterweise die Rechtsfigur des Folgenbeseitigungsanspruchs an. Der Beklagten oblag die Gewährleistung eines ausreichenden Betreuungsangebots, der Gesetzgeber hat in der Begründung ausdrücklich darauf abgestellt, dass dem Rechtsanspruch ein bedarfsgerechtes Betreuungsangebote zu Grunde liege. Die Nichtgewährleistung einen Kindergartenplatzes ist ein (behördlicher) Eingriff, dessen Folgen die beklagte Stadt zu beseiten hat (VG Mainz, 10.05.2012, Az.: 1 K 981/11.MZ).
Wie die hier angeschnittenen Problemfelder zeigen, stehen Literatur und Rechtsprechung erst am Anfang, was die rechtliche Handhabung der gesetzlich garantierten Kinderbetreuung betrifft. Diese Entwicklung wird auch hier weiter aufmerksam und kritisch verfolgt werden.