20. Dezember 2011 · Kommentare deaktiviert für Tagespflegepersonen als “Lebensmittelunternehmer” nach EU-Recht? · Kategorien: Aktuelle Entwicklungen, Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII), Pflegekinder

Laut Presseberichten Anfang Dezember 2011 soll in Berlin auf Tagespflegepersonen ab Januar 2012 das Lebensmittel- und Hygienerecht angewendet werden, was neben Schulungen vor allem bedeuten würde, dass sie “Wareneingangskontrollen”, tägliche Messungen der Lagertemperatur u.ä. nebst der entsprechenden Dokumentation durchzuführen haben. Es besteht dann nicht nur die Registrierungspflicht als “Lebensmittelunternehmer”, sondern sie können auch von den bezirklichen Lebensmittel- und Veterinäraufsichtsämtern kontrolliert werden. Diese rechtliche Einordnung als “Lebensmittelunternehmer” ist juristisch alles andere als überzeugend.

Rechtlich begründet wird dies von immerhin zwei Berliner Senatsverwaltungen dadurch, dass Tagespflegepersonen im Rahmen ihrer Tätigkeit Lebensmittel an Kinder ausgeben, die nicht zu ihrem Haushalt gehören und sie daher gem. Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 rechtlich als “Lebensmittelunternehmer” gelten würden. Nach der bemühten Verordnung selbst sind dies (natürliche oder juristische) Personen, die für die Einhaltung der Anforderungen des Lebensmittelrechts verantwortlich sind. Dies kann nur als ein impliziter Verweis auf nationale Vorschriften verstanden werden, die ihrerseits den betreffenden Personenkreis im jeweiligen Lebensmittelrecht zu definieren haben. Es gibt allerdings in den einschlägigen Vorschriften auf Bundes- oder Landesebene nirgendwo einen expliziten Verweis auf Tagespflegepersonen, bwz. dass sie dem Lebensmittelrecht unterworfen wären. Teilweise wird für den Begriff des “Lebensmittelunternehmers” wieder zurück auf die EU-Verordnung verwiesen. Die rechtliche Argumentation des Landes Berlins beruht somit auf einem juristischen Zirkelschluss. Inzwischen hat selbst die EU-Kommission darauf hingewiesen, dass nach ihrer Rechtsauffassung Tagespflegepersonen zumindest nach EU-Recht nicht als “Lebensmittelunternehmer” einzustufen sind. Es bleibt abzuwarten, ob die Berliner Behörden ihre Rechtsauffassung noch einmal einer eingehenden Überprüfung unterziehen.

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