21. Februar 2013 · Kommentare deaktiviert für BVerfG: Verbot von Sukzessivadoptionen durch eingetragene Lebenspartner verfassungwidrig · Kategorien: Adoption, Aktuelle Entscheidungen

Das Bundesverfassungsgericht hat am 19.02.2013 entschieden, dass das Verbot von Sukzessivadoptionen (§ 9 Abs. 7 LPartG) das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs.1 GG) sowohl der betroffenen Kinder als auch der betroffenen Lebenspartner verletzt und daher grundgesetzwidrig ist.

Schon bei einer Anfrage im Bundestag Dezember 2011 wurde eine mögliche Verfassungswidrigkeit des § 9 Abs. 7 Lebenspartnerschaftsgesetzes thematisiert, die durch die Bundesregierung jedoch verneint wurde. Jetzt hatte das Bundesverfassungsgericht im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde als auch eines Vorlageverfahrens diese Frage zu entscheiden und es sah hier ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Grundrechtsverletzung betrifft sowohl die Kinder als auch die jeweiligen Lebenspartner.

Bis jetzt war bei eingetragenen (homosexuellen) Lebenspartnerschaften nur die Adoption des leiblichen Kindes des anderen Lebenspartner möglich (sog. Stiefkindadoption). Die hier strittige Sukzessivadoption – Adoption des nichtleiblichen Kindes des anderen Partners – war nur bei Ehepaaren möglich. Hierin sah das Gericht einen verfassungswidrige Benachteiligung gegenüber adoptierten Kindern eines Ehegatten als auch gegenüber leiblichen Kindern eines eingetragenen Lebenspartners. So bleiben den adoptierten Kindern eines eingetragenen Lebenspartners die mit einer Sukzessivadoption verbundenen Möglichkeiten der Entwicklung und Lebensgestaltung verwehrt. So schließt die fehlende Sukzessivadoption aus, dass das Kind einen zweiten rechtlichen Elternteil erhält, zudem ist die für die Entwicklung des Kindes wichtige Stabilisierungsfunktion der Familie beeinträchtigt. Hinzu kommen auch rein materielle Aspekte: so hat das Kind gegenüber dem anderen Lebenspartner keine Unterhaltsansprüche, da diese das Bestehen eines Verwandtschaftsverhältnisses voraussetzen (§ 1601 BGB). In erbrechtlicher Hinsicht sind gegenüber Kindern aus Sukzessivadoptionen bei Ehegatten benachteiligt: hier bietet die Sukzessivadoption durch die Schaffung eines Verwandtschaftsverhältnisses per Adoption die einzige Möglichkeit, bei dem Tod des Stiefelternteils in den Genuss andernfalls ausgeschlossener gesetzlicher Erbrechtsansprüche zu kommen. Die für den Ausschluss der Sukzessivadoption oft vorgetragene Rechtfertigung, dass das dem Kind das Aufwachsen mit gleichgeschlechtlichen Eltern schade, konnte letztlich nicht überzeugen: so wurden diese Bedenken nicht nur von der Mehrzahl der Sachverständigen zurückgewiesen, sondern vom Gericht selbst unter Bezugnahme auf die eigene Rechtsprechung festgehalten, dass die behüteten Verhältnisse einer eingetragenen Lebenspartnerschaft das Aufwachsen von Kindern ebenso fördern können wie die einer Ehe.

Am Rande sei allerdings noch erwähnt, dass das Verfassungsgericht hingegen keine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG sah. Zwar bildet die sozial-familiäre Gemeinschaft aus eingetragenen Lebenspartner und dem leiblichen oder angenommenen Kindes eines Lebenspartners eine durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Familie, jedoch betrifft der Ausschluss der Möglichkeit einer Sukzessivadoption das tatsächliche Zusammenleben der Lebenspartner und des Kindes nicht unmittelbar. Zudem wäre die Verwehrung der Sukzessivadoption von der insoweit maßgebenden Befugnis des Gesetzgebers zur rechtlichen Ausgestaltung der Familie gedeckt.

Ebenso wenig sah das Gericht eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 GG, da dies dem Kind zwar ein Recht auf staatliche Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung verleiht, sich daraus jedoch keine Verpflichtung des Gesetzgebers ableiten lässt, die Adoption des angenommenen Kindes eines eingetragenen Lebenspartners durch den anderen Lebenspartner zu ermöglichen.

(Urteil vom 19.02.2013; Az.: 1 BvL 1/11, 1BvR 3247/09)

Volltext der Entscheidung

 

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