17. Oktober 2009 · Kommentare deaktiviert für KG Berlin: Nichtanhörung eines Kindes, Verletzung der Grundsätze eines fairen Verfahrens wegen fehlendem rechtlichen Gehör führen auch im beschleunigten Familienverfahrensrecht zu einer Verfahrenszurückweisung · Kategorien: Aktuelle Entscheidungen, Sorgerecht

Das KG Berlin hat in einem Beschluss nun klargestellt, dass auch im beschleunigten Familienverfahren nach § 50e FGG die Grundsätze eines fairen Verfahrens, wie etwa das Verbot von Überraschungsentscheidungen zu beachten sind und den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren ist.

Im vorliegenden Fall sah des Berliner Kammergericht in der Tatsache, dass die Kinder der Parteien entgegen § 50b I III FGG nicht angehört wurden, was in Personensorgeverfahren grundsätzlich zu erfolgen hat, einen wesentlichen Verfahrensmangel. Schwerwiegende Gründe, die in Ausnahmefällen ein Absehen von einer persönlichen Anhörung der Kinder rechtfertigen können, lagen hier hier nicht vor.

Die Mutter wurde in ihrem Recht auf ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 I GG und Durchführung eines fairen Verfahrens verletzt, da aus dem Merkblatt, das das Gericht der Verfügung eines Anhörungstermins im “Beschleunigten Familienverfahren” beifügte, zwar hervorging, dass dieser Termin entsprechend den Vorgaben des § 50e FGG der Verhinderung einer Eskalation des Elternkonflikts, der Auslotung von Möglichkeiten für eine einvernehmliche Lösung der Konfliktsituation dienen würde, im Zweifelsfall auch eine vorläufige Umgangsregelung getroffen werden könnte, nicht jedoch eine abschliessende Regelung. Zwar ist eine solche nach dem beschleunigten Verfahren des §50 FGG bei einem ersten Anhörungstermin nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch müssen in einem solchen Fall alle Konfliktlösungsmöglichkeiten erfolglos geblieben sein und die Verfahrensbeteiligten sind spätestens im Verlauf oder am Ende des Anhörungstermins ausdrücklich darauf hinzuweisen, um ihnen ausreichend Gelegenheit zu einer entsprechenden Stellungnahme zu geben.

Zudem wurde die Mutter im Gegensatz zum Vater in der ersten Instanz nicht anwaltlich vertreten. Zu Wahrung eines fairen Verfahrens wäre es notwendig gewesen, der Mutter vor Erlass der abschließenden Entscheidung ebenfalls die Möglichkeit zu geben, auf anwaltliche Hilfe zurückzugreifen und eine Rechtsanwalt zum Ergebnis des Anhörungstermins vortragen zu lassen.

Das Kammergericht sah so die Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Verfahrens aufgrund wesentlicher Verfahrensmängel gem. § 538 II ZPO gegeben, der nach allgemeiner anerkannter Auffassung auch bei Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung findet.
(KG Berlin, Beschluss vom 23.12.2008, AZ: 8 UF 158/08
in: ZKJ, 09/2009, S. 372f.)

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