11. Juli 2011 · Kommentare deaktiviert für OLG Celle: kein Verfahrensausschluss einer JA-Mitarbeiterin wegen Befangenheit, da keine Gerichtsperson oder Sachverständige · Kategorien: Aktuelle Entscheidungen, Kinder- und Jugendhilferecht (SGB VIII)

Das OLG Celle hatte im Rahmen einer Beschwerde darüber zu entscheiden, ob eine Jugendamtsmitarbeiterin wegen einer, zumindest von Beschwerdeführer so gesehenen, “selektiven Stellungnahme und parteiischer Amtsausübung” wegen Befangenheit von einem Kindschaftsverfahren ausgeschlossen werden kann. In der Vorinstanz wurde der Befangenheitsantrag als unzulässig abgelehnt, was vom OLG Celle als Beschwerdeinstanz bestätigt wurde, da ein Befangenheitsantrag nach § 6 FamFG i.V.m. §§ 41 ff. ZPO gegen Mitarbeiter eines Jugendamtes nicht in Betracht kommt.

Dies begründete das Gericht damit, dass eine Ablehnung wegen Befangenheit nach§ 6 FamFG vom Wortlaut her nur für Gerichtspersonen, also Richter, Rechtspfleger oder Urkundenbeamten möglich ist. Eine direkte oder analoge Anwendung des § 30 I FamFG i.V.m. § 406 ZPO kommt auch nicht in Betracht, da diese Befangenheitsregeln für Sachverständige gelten, dessen verfahrensrechtliche Stellung weder der eines Jugendamtsmitarbeiters entspricht noch mit ihr vergleichbar ist.

Das Jugendamt ist gem. § 162 FamFG in Kindschaftsverfahren zwar anzuhören und bringt damit eigene Sachkunde und Erfahrungen ein, jedoch gibt es entscheidende Unterschiede zur Position eines Sachverständigen. Der Sachverständige wird vom Gericht ausgewählt und unterliegt seinen Weisungen, während dem Jugendamtes seine Zuständigkeit und seine unterstützende Mitwirkungsfunktion vom SGB VIII zugewiesen wird. Diese Funktion wird ihm also nicht vom Gericht angeordnet, sondern leitet sich direkt von einer gesetzlichen Verpflichtung ab. Es ist kein Hilfsorgan des Gerichtes, sondern nimmt neben diesem eine selbstständige Funktion ein. Stellungnahmen eines Jugendamtes haben für das Gericht nicht die Rolle eines Sachverständigengutachtens, das dem Gericht im Bedarfsfall eine ihm selbst fehlende, besondere Sachkunde vermitteln soll.

Das OLG Celle verweist in seinem Beschluss darüber hinaus auf die Entscheidung des VG Aachen vom 18.03.2010 (Az.: 2 L 77/10), wonach es der betreffenden Verfahrenspartei bei etwaigen Unrichtigkeiten bei Tatsachendarstellungen oder Wertungen in der Stellungnahme eines Jugendamtes obliegt, dies gegenüber dem Gericht durch einen entsprechend geeigneten Vortrag so in Zweifel zu ziehen, dass dieses sich dann veranlasst sieht, durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder weiteren Sachvortrag den Sachverhalt aufzuklären und dies bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Der durch Art. 19 IV GG gebotene Rechtsschutz gegen Stellungnahmen von Jugendämter nach § 50 SGB VIII als unselbstständiger Teil des gerichtlichen Erkenntnisprozesses ist durch die Möglichkeit gewährleistet, gegen die Entscheidungen eines Familiengerichts Rechtsbehelfe einzulegen.

(OLG Celle, Beschl. v. 25.02.2011, Az: 10 WF 48/11)

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